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Rechtswidrige Zuvielarbeit und Staatshaftung – Wie die Gerichte mit dem Entschädigungsanspruch der Feuerwehrleute umgehen

In diesen 10 Jahren haben wir Dinge recherchiert, von denen wir dachten, sie könnten nicht passieren, Urteile gelesen, die gegen geltendes Recht verstoßen.

 

Wir haben uns deshalb entschieden, die maßgeblichen Urteile, die nicht in öffentlich zugänglichen Datenbanken zu finden sind, auf unsere Internetseite zu stellen.

 

Im Jahr 2009 prüfte der Vorsitzende Richter der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin Dr. Heydemann den Staatshaftungsanspruch (dieser Anspruch besteht für die Betroffenen seit dem Jahre 1991) nicht, obwohl er zwingend zu prüfen war.

Anlage 1 – sein Urteil vom 26. März 2009.

Damals ging es um die Frage, ob der Anspruch überhaupt besteht.

 

Im Jahr 2021, als es - einfach durch Zeitablauf - um die Frage der Verjährung ging (diese Einrede hatte die Stadt Berlin dann nämlich erhoben) urteilte Herr Dr. Heydemann, inzwischen Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (und Präses der mecklenburgischen Kirchenkreissynode), dass die Betroffenen schon seit dem Jahre 2002 hätten klagen müssen, da - so seine Begründung - schon damals die Klagen erfolgversprechend gewesen sind.

Anlage 2 – sein Urteil vom 07. Oktober 2021.

 

Damit widerspricht er sich selbst (seinem früheren Ich) und hat offenbar kein Problem damit.

Dies zeigt die ganze Absurdität des Umgangs mit diesen Entschädigungsansprüchen.

In dem hier zitierten Urteil aus 2021 führte der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg ergänzend zum Eintritt der von ihm angenommenen Verjährung aus, spätestens mit dem Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts an den EuGH aus dem Dezember 2003 sei klar gewesen, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Dies reiche für eine Evaluierung der Erfolgsaussichten. Es bestanden, so der Richter, hinreichende Erfolgsaussichten für eine Klage.

 

Eine solch oberflächliche - und was den Vorsitzenden Richter Dr. Heydemann anlangt: geradezu zynische - Rechtsprechung des 4. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg konnte und kann den Betroffenen von den sie vertretenden Rechtsanwälten nicht erklärt werden. Darüber hinaus ist sie im Interesse der Rechtsklarheit auch nicht hinnehmbar.

 

Urteile des Verwaltungsgerichts im Jahre 2024 und 2025

 

Im Ergebnis eines zähen Ringens mit den Richtern der zuständigen Kammern des VG Berlin kommen diese nun mehrheitlich zu dem Schluss, dass die objektive Klärung der Rechtslage (also der Frage: „Fällt die Feuerwehr nun unter den Schutz der Arbeitszeitrichtlinie?“ - und damit eine Zumutbarkeit der Klageerhebung, was für die Frage der Verjährung entscheidend ist) erst mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 5. Oktober 2004 (auch ein Vorlagebeschluss) nach rechtsstattlichen Maßstäben angenommen werden kann.

Wir stellen auch hier erstinstanzliche Urteile der Kammern auf unsere Internetseite ein (Anlage 3 und Anlage 4).

 

Die Entscheidung des EuGH aus dem Oktober 2004 („Pfeiffer“) sehen auch wir als Zeitpunkt der objektiven Klärung der Rechtslage an; allerdings als frühesten Zeitpunkt.

 

Der Tag der Verkündung des Urteils (, das zur Rechtsklarheit führte) ist jedoch noch nicht der Zeitpunkt des Beginns der Verjährung. Das hat der Bundesgerichtshofes im Jahr 2019 entschieden.

Der Betroffene (und mögliche Kläger) muss – so die Argumentation des BGH – erst die Möglichkeit haben, sich über die die Auswirkungen der Gerichtsentscheidung (hier des EuGH) auf seinen Fall Klarheit zu verschaffen. Dies gilt natürlich auch für die vom Betroffenen aufgesuchten Berater.

Dies erfordert Zeit; jedenfalls ein paar Monate ab der Veröffentlichung der Gerichtsentscheidung in den einschlägigen Fachzeitschriften etc..

 

Was bedeutet dies für die betroffenen Feuerwehrleute (Berlins)?

Für diese Betroffenen bedeutet dies, dass der für ihren Anspruch maßgebliche Beginn der Verjährungsfrist erst im Jahre 2005 anzusetzen ist. Dies wiederum zieht nach sich, dass der Anspruch dieser Feuerwehrleute auf Entschädigung gegen das Land Berlin erst am 31. Dezember 2008 verjährte.

 

Warum ist das so wichtig?

 

Hier kommt die bereits hinreichend bekannte Mitarbeiter-Information vom April 2008 ins Spiel. Darin hat das Land Berlin den Feuerwehr-Leuten gegenüber (eben öffentlich und damit für alle Betroffene gleichermaßen) auf die Erhebung der Einrede der Verjährung für alle im April 2008 noch nicht verjährten Ansprüche verzichtet.

Also – siehe oben – auch für die hier interessierenden Ansprüche der Feuerwehrleute aus den Jahren 2001 bis 2004.

 

Prüft man diese Dinge frohen Mutes und ohne „Zielvorgaben“ durch, so stellt der interessierte Leser somit fest:

 

Die Ansprüche der betroffenen Feuerwehr-Leute wegen Zuvielarbeit in den Jahren 2001 bis 2004 sind bis heute nicht verjährt.

 

 

Wir stellen die Begründung des Antrages auf Zulassung der Berufung ebenfalls auf unsere Internetseite (Anlage 5). Wir zeichnen darin sowohl die deutsche Rechtsprechung in den Jahren 2001 bis 2005 nach, als auch die Ereignisse bei der Berliner Feuerwehr in den Jahren 2001 (erste Antragstellungen) über die Berliner Verfahren (VG Berlin, OVG, Bundesverwaltungsgericht), bis hin zur Interpretation der Mitarbeiterinformation durch Staatssekretär Krömer im Jahr 2013 im Sinne des Landes Berlin, bevor die Bescheide (s.o.) an Sie übersandt wurden.

 

Es war ein massiver Verfahrensfehler, dass die Mitarbeiterinformation vom April 2008 in den damaligen Verfahren vom Land Berlin weder dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg 2010 noch dem Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2012 vorgelegt wurde.

 

 

Rechtsanwältin Dr. Susen Wahl

Rechtsanwalt Michael Wahl

 

 

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